Rhoihesseleud III: Was ist überhaupt dieses „Kultur“?

Der Kulturbranche geht’s schlecht. Wegen der Covid19-Pandemie sind Theater und Kinos geschlossen, Konzerte finden höchstens online statt, gleiches gilt für Galerien und Ausstellungen. Aber was ist überhaupt diese „Kultur“? Diese Frage stellte sich die Autorin und Verlegerin Miriam Spies aus Mainz – selbst betroffen durch die Krise. Statt auf Lesereisen ihre Bücher vorzustellen oder sich in fremden Ländern Inspirationen für neue zu holen, sitzt sie seit über einem Jahr in Mainz fest und hält sich mit einem Brotjob beim Fernsehen über Wasser.

Kaléko ist trotz Autorinnenname ein Rüde und begleitet Miriam seit Dezember durch die Pandemie und ihr Leben.

Kultur – um diesen doch etwas abstrakten Begriff mit Inhalt zu füllen, hat sie sich mit Leuten getroffen, die „Kultur“ machen und diese portraitiert. „Zum Individuum wird man erst durch das Kollektiv wie Freunde, Familie oder auch Kollegen. Wenn dieses dann plötzlich wegfällt und man nur noch als ‚Kategorie‘ wahrgenommen wird, wird das Individuum also entindivudiualisiert.“ Miriam wollte also den Menschen hinter der „Kultur“ buchstäblich ein Gesicht geben. Ursprünglich war das Projekt auf etwa 30 Portraits angelegt, die meisten davon aus ihrem näheren Umfeld, doch schnell nahm das Ganze Fahrt auf und so hat sie am Ende rund 80 Kulturschaffende aus Mainz und Umgebung abgelichtet: Schauspieler:innen und Musiker:innen, bildende Künstler:innen und Autor:innen, Clowns und Tänzer:innen, aber auch Wirte, Clubbesitzer:innen, Galeristen und Museumsdirektorinnen. Und mindestens einen Photographen, mich nämlich.

Wer portraitiert die Portraitierenden? Ei ich!

Seit heute kann man diese Photos in der „Vitrine“ in den Schaufenstern des Allianzhauses (Große Bleiche 60-62, 55116 Mainz) betrachten. Die Ausstellung läuft noch bis Ende Juni.

Ein Kommentar zu „Rhoihesseleud III: Was ist überhaupt dieses „Kultur“?“

  1. Fred Balz

    Rhoihesse-Tipp von Fred Balz:
    Das rheinhessische Musiklabel „leiselaut“ ist Produktionsfirma und Heimstätte zahlreicher regionaler Musiker und Folkbands
    Mit den Songfestivals auf Burg Waldeck entstand in den Sechzigern ein Folk-Revival, das durch die Nazidiktatur verfemte Musiktraditionen wiederbelebte und im internationalen Austausch neue Musikgruppen (Ougenweide, Haindling oder Liederjan), Formen (Deutschfolk/Folkrock) und Verknüpfungen (Musik der Regionen/Weltmusik) hervorbrachte. Mit der Tom Bombadil Folkband (Mundart), An Tor (Irish Folk), Goo Birds Flight (Folkrock) und anderen kann Rheinhessen eine lebendige 4 Jahrzehnte gewachsene Folkszene vorweisen.
    Dass dahinter seit 2002 (bis zur zweijährigen Zwangspause Klaus Eblings wegen einer Krebserkrankung) das Dienheimer CD-Label „leiselaut“ stand – und dieses Jahr für eine Mundart CD des Duos „Klac“ (Karl Ott & Klaus Ebling) wiederbelebt werden soll – ist Grund genug sich mit dieser ungewöhnlichen Plattenfirma zu beschäftigen. Eine weitere Produktion soll nämlich die geplante „Tom Bombadil“ CD mit antifaschistischen Liedern nach Texten von Carlo Mierendorff – einem Mitverschwörer des Undenheimer Widerstandskämpfers Ludwig Schwamb – sein, die bereits in Auszügen von der Band in der Holocaust-Gedenkstätte-Osthofen vorgestellt wurde.
    Geschäftlich haben die „leiselaut“ Gründer Klaus Ebling (Klavierlehrer, Kinderchorleiter und Akkordeonist bei Tom Bombadil & Klac), Marcus Metz (Rechtsanwalt und Gitarrist bei An Tor) und Nils Nolte (IGS-Lehrer, Flötist bei An Tor) den kommerziellen Höhenflug der CD verpasst. Wer „leiselaut“ googelt, findet sich erstmal auf einer Esoterikseite oder einem Popmusikblog wieder. Beim Start ihres Kleinstlabels war noch nicht abzusehen, dass Streaming Dienste (für einen halben Cent pro Song!) der CD ernsthaft Konkurrenz machen würden.
    Nach der Jahrtausendwende standen CDs von An Tor und Tom Bombadil an. Foreign Feathers (Irish Folk) und Pas de Quoi (BalFolk) suchten ebenfalls ein Label. Die Entscheidung Folkmusikern eine Plattform zu bieten, fassten die Gründer nach Absage des „Verlags der Spielleute“. Man entwarf ein Konzept für die Firma, die gleich dem Pianoforte (in Übersetzung) „leiselaut – Label für Folkmusik“ heißen sollte. Regelmäßige Konzerte in den Folkclubs Rüsselsheim und Taunusstein, Besprechungen im Szenemagazin „Folker“, Vorstellungen der CDs in der „HR2-Hörbar“ und Labelfestivals in der Kirche Niedernhausen ließen die Fachwelt aufhorchen.
    Für den rechtlichen Rahmen, Künstlerverträge und Abrechnung mit GEMA (Autorentantiemen) und GVL (Leistungsschutzrechte) zeichnet Jurist Marcus Metz verantwortlich. Die Tonaufnahmen finden in Nils Noltes Wiesbadener „nakedstreet-Tonstudio“ statt. Er kümmert sich auch um Überspielung und Herstellung der CDs, während Gattin Eva Giovannini (Geigerin bei „Goo Birds Flight“ und Inhaberin eines Designstudios) fürs Layout zuständig ist. Sie war es auch, die den Hingucker des Labels – die tanzende Heuschrecke entwarf. Um Beratung im Vorfeld, Öffentlichkeitsarbeit, Beschickung von Archiven, Zeitschriften und Radiostationen und alle weiteren geschäftlichen Belange kümmert sich Klaus Ebling. Die Anbindung an einen effizienten Vertrieb wurde nicht erreicht. Die CDs mit einer Auflage von 300 oder 500 Exemplaren können aber bei den Bands, teilweise auch beim Label bestellt werden.
    Schwerpunktmäßig widmet sich „leiselaut“ der traditionellen akustischen Musik der Regionen, wie man sie in Rheinhessen, der Bretagne, England oder Irland findet. Dass sich deutsche Volkslieder mühelos mit irischen Jigs, französischem Balfolk, alpenländischer Volksmusik und sogar Balkanklängen vertragen, haben „Tom Bombadil“, „Pas de Quoi“, Uillean Piper Johannes Schiefner oder die Austro-Iren „Black Market Tune“ begriffen und in ihre Musik integriert.
    So entstanden bis heute 30 CDs der rheinhessischen Bands An Tor, Tom Bombadil, Goo Birds Flight, Foreign Feathers, Ginger, Klaus Ebling (solo) und Earthloop (mit dem Broom Bezzums Duo) fernab ausgetretener Musikpfade. Mit Ensembles wie Crosswind, Itchy Fingers, Sudden Flow, dem Flötisten Rudi Schömann und dem deutsch-irischen Sextett Emerald liegt der Schwerpunkt auf Irish Folk, vielfach mit Gastmusikern des „leiselaut“ Umfelds, die auch für andere Produktionen vermittelt werden. So haben Tom Bombadil und An Tor bei Film- und Theaterproduktionen mitgewirkt und Nils Nolte wurde als Flötist für CD Produktionen von Reamonn, Tim Neuhaus und Ireen Sheer gebucht.
    9 Monate Lehrerpause in der Nolte mit Familie Thailand und Neuseeland bereiste, und die Krebserkrankung Klaus Eblings beendeten 2017 vorerst alle weiteren „leiselaut“ Aktivitäten. Dank des medizinischen Fortschritts geht es Klaus Ebling derzeit gut. Kurz vor Corona gab er sogar wieder einzelne Konzerte mit Klac (Museum Gimbsheim), Tom Bombadil (Weingut Dr. Dahlem in Oppenheim) und TanzKur (in Bonn).
    http://www.leiselaut.com

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